22.06.2019
Bedeuten Progressive Web Apps das Ende für die Native-App Entwicklung?
Progressive Web Apps (PWA) werden bald einen grossen Teil der heutigen Native-Apps ersetzen. Nativ entwickelte Apps können sich in Sachen User-Experience und Performance bereits heute nicht mehr massgebend von PWA differenzieren. Die frühere App-Billigvariante hat sich dank wichtigen technologischen Fortschritten immer mehr zu einer attraktiven Alternative entwickelt.
PWA sind technologisch gesehen eine Sammlung von modernen Web-Werkzeugen, welche eine bessere User Experience auf einer mobilen Webseite erlauben. Sogenannte Service Worker ermöglichen beispielsweise, dass Nutzer ungestört die App erleben können, während unbemerkt Aktivitäten der Webseite im Hintergrund ausgeführt werden. Mit dem Einsatz von einem sogenannten Web-Manifest kann eine PWA Webseite in Form eines Icons (wie bei einer Native-App) durch den Nutzer auf dem eigenen Smartphone gespeichert werden. Nachfolgend erklärt Khoa Nguyen welche Vorteile und Herausforderungen für Nutzer und Anbieter daraus hervor gehen.
Welche Vorteile bieten PWA für ihre Nutzer?
1. Suchmaschinen können den Inhalt einer PWA durchsuchen
Auf einfache Weise erklärt, ist eine PWA lediglich eine Webseite, was zum Vorteil führt, dass sie über jeden Browser erreichbar ist. Suchmaschinen (wie z.B. Google) können ihren Inhalt daher in ihre Suchen einschliessen und indexieren. Somit erscheint der Inhalt der App bei einer Suche auf Google und generiert so bereits User Traffic oder Conversion Rates, ohne dass der Benutzer, wie im Falle einer nativen App, aufwändig in die App überführt werden muss.
2. Gleiche Performance-Leistung wie bei einer nativen Mobile-App
PWA’s setzen unter anderem eine fortschrittliche Caching- und Offline-Speicherungsmethodik ein, um statische Inhalte auf dem Gerät zu speichern, was zu massgeblich schnelleren Ladezeiten von Webseiten führt. Zusätzlich können so bereits erste Inhalte der Seite angezeigt werden, bis im Hintergrund die Synchronisation der Daten abgeschlossen ist. Die wesentlich schnellere Ladezeit führt dazu, dass der App-Inhalt schliesslich auch bei Suchmaschinen mit einem höheren Relevanz-Ranking belohnt wird.
3. Der Weg über den App-Store entfällt
Ein Benutzer kann eine PWA nutzen, ohne diese erst installieren zu müssen. Die App lässt sich jedoch trotzdem auf dem Smartphone speichern und kann dort wie eine installierte Mobile-App genutzt werden. Heute führt der App Installationszwang immer noch dazu, dass Benutzer für selten genutzte Funktionen auf eine App verzichteten. Durch die PWA-Technologie entfällt diese Barriere.
Welche Vorteile bieten PWA für Anbieter?
Die PWA-Technologie ist plattformunabhängig. Das heisst, dass auf Basis einer Webseite eine oder mehrere verknüpfte PWA entwickelt und synchronisiert angeboten werden können.
1. Der Entwicklungs- und Wartungsaufwand wird reduziert
Da die PWA-Technologie plattformunabhängig ist, lassen sich die Aufwände bei PWA’s stark reduzieren. Mit der Aktualisierung der Webseite werden automatisch alle PWA’s mit den neusten Inhalten synchronisiert und der aufwändige Unterhalt von veralteten App-Versionen entfällt.
2. Zugriff auf die Geräte-Hardware
Der Zugriff auf Hardware-Funktionen wie die Kamera, das Mikrofon, das Gyroskop oder die GPS-Lokalisierung war bisher nur mittels nativen App-Technologien möglich. Seit kurzem ist dies jedoch auch mittels Browser-Schnittstellen möglich. Dies schränkt in der Entwicklung der PWA nicht weiter ein und bietet frische Möglichkeiten für neue Funktionalitäten.
Ist es zum jetzigen Zeitpunkt bereits sinnvoll, in jedem Fall auf die PWA-Technologie zu setzen?
Nein, auch wenn der Einsatz der Technologie bereits bei vielen Neuentwicklungen Vorteile gezeigt hat, lohnt es sich den Einsatz der neuen Technologie von Fall zu Fall zu prüfen. Es gibt weiterhin Bereiche, in denen auf die Technologie verzichtet werden sollte. In diese Kategorie fallen insbesondere High-Performance-Apps, also Apps, die auf spezifisch hergestellte Hardwarekomponenten, wie z.B. Games und AR-Erlebnisse, angewiesen sind. Bei ihnen empfiehlt sich nach wie vor eher eine Umsetzung mittels einer nativen Technologie oder die Entwicklung einer hybriden App, wie beispielsweise Cordova. Im Falle von Apps mit informativem Charakter lohnt sich der Einsatz der PWA-Technologie bereits. In diese Kategorie fallen Nachrichten-Apps sowie Ratgeber- und Anleitungs-Apps. Beispielsweise kann also eine Kochapp, eine Immobilienapp oder eine Veranstaltungsapp sehr gut als PWA entwickelt werden. So setzt die Migros bei Grilletarier.ch bereits auf die PWA-Technologie und ermöglicht die Nutzung der Webseite im Browser und auch als App.
Welche Einflüsse gibt es auf die weitere Entwicklung der PWA?
Betrachtet man die Verfügbarkeit der PWA-Technologie bei den grossen Browser-Herstellern, erkennt man eine ungleiche Verbreitung der Technologie. Insbesondere der Safari Browser stellt wichtige PWA-Funktionalitäten noch nicht zu Verfügung. Dieses zögerliche Verhalten durch Apple zeigt jedoch umso mehr die Relevanz und den Stellenwert der Technologie, da davon ausgegangen werden kann, dass Apple sein App-Store Geschäftsmodel durch die PWA-Technologie bedroht sieht.
PWA bieten gegenüber herkömmlichen Webseiten und Native-Apps sowohl für Nutzer, als auch für Anbieter viele Vorteile. Auf Grund dessen ist zu erwarten, dass viele der heutigen Native-Apps mittelfristig aus dem App-Store verschwinden werden, um dann als PWA wieder aufzutauchen.